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Standpunkte, Stimmen und Kommentare
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Paris am Morgen – Amis statt Rolltreppen
Der Westen berichtet heute über die Rheinbahn, die auf der Basis der neuen EU-Sicherheitsrichtlinie EN 115 , den Transport von Kinderwagen über 95 ihrer neuen Rolltreppen verbieten wird. Obwohl, ja obwohl an ein oder zwei verranzten U-Bahn Stationen leider noch nicht der Luxus eines schicken, voll verglasten Liftes zur Verfügung steht. Haben Sie ein einziges Mal in Ihrem Leben versucht, mit einem komfortablen aber schweren Kinderwagen nebst Zweijährigem und nur leichtem Gepäck vom Pariser Gare du Nord zum Gare Montparnasse zu gelangen? Nein? Versuchen Sie es und sie werden diesen Zank um ein Verbot, das in Zukunft ohnehin nicht geahndet wird, mehr als lächerlich finden.
Denn in Paris hat offenbar noch nie ein Grüner Politiker nach Aufsichts- und Hilfspersonal geschrien, nur weil die Metro dürftig mit Aufzügen, geschweige denn mit Rolltreppen ausgestattet ist. Nein, hier werden Kinder deutlich pragmatischer transportiert und so schon früh auf die Härte ihres zukünftigen Lebens vorbereitet. Das versteht der Durchreisende allerdings erst, wenn er bereits fest in der Falle sitzt.
Ungesund aber lebenswichtig
Die totale Entspannung, die sich während der Anreise mit dem Thalys einstellt, ist in der Sekunde aufgebraucht, in der man den Zug am Gare du Nord in Richtung Untergrundbahn verlässt. Wohl dem der nun genau weiß, welche Metro er zum nur etwa 8 Kilometer entfernten Gare Montparnasse nehmen muss. Noch wundert sich die schon leicht gehetzte Mutter, warum sämtlich Pariser Babies in billigen, ungefederten und somit natürlich total ungesunden Klapp-Buggies durch die Gegend kutschiert werden. Denn hier gibt es noch Aufzüge.
Dringt sie aber weiter in die Katakomben der Metropolitain vor, blickt ihr nervöses Auge auf endlose Kaskaden von uralten Stufen, die ihr und ihrer Leibesfrucht den Weg zum Bahnsteig gnadenlos versperren. Während sie noch versucht einen Plan zu schmieden, hat eine Pariser Dame schon ihr Baby geschultert und souverän ihren Billigbuggy zu Schirmgröße zusammengeklappt. Behende meistern ihre zarten Füßchen die alten Stiegen zum Bahnsteig und verschwinden elfengleich in dem dort bereitstehenden Zug.
Es gibt sie noch und kalten Kaffee auch
Stellte die Stadt Paris den Eltern hier Helfer zu Seite, so könnte die Metropole die Anzahl ihrer Arbeitslosen problemlos halbieren. Das tut sie natürlich nicht und so müssen Kind und Kinderwagen irgendwie unbeschadet die Treppen ‚runter. Hilfe ist von den Parisern nicht zu erwarten. Das weiß sie nun und stürzt sich todesmutig in den brummenden Bauch der Stadt. Nach schier endlosen kippelnden und jonglierenden Minuten springen ihr zwei Amerikaner zur Seite. Beide selber mit schweren Rucksäcken bepackt, schnappen sie sich gemeinsam den Kinderwagen, setzen ihn und das vor Spaß gackernde Kind unten ab, grüßen kurz und verschwinden in der Menge. Ein dreifaches Hoch auf die Amis.
Die Metro zum Gare Montparnasse kommt. Die entsetzlich stickige Enge stören weder Mutter noch Kind, denn sie wissen nun, dass der lange gebuchte TGV den Gare Montparnasse nicht ohne sie in Richtung Süden verlassen wird. Tatsächlich erreichen sie den Bahnhof rechtzeitig. Ein widerlicher Kellner verjagt sie aus einem Café, weil dort Kinderwagen nicht erwünscht sind. Tatsache! Doch das lässt sie vollkommen kalt. Reis und Erbsen schmecken dem Baby auch auf dem Bahnsteig gut. Sie haben die Metro geschafft. Nichts kann sie jetzt noch schocken, noch nicht einmal der Preis für den dünnen, lauwarmen Kaffee.