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Standpunkte, Stimmen und Kommentare
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Ein innovatives Ausstellungskonzept tut gut daran, sich streng auf den Orte zu beziehen, an dem es umgesetzt werden soll. In der Zollverein School passen Konzept und Ort perfekt zusammen.
Sie ist schon sehr außergewöhnlich die Ausstellung „100 beste Plakate 06 Deutschland, Österreich, Schweiz“. Die Preisträger des international anerkannten Wettbewerbes präsentieren sich ab Montag den 23. Juli in der Zollverein School.
Der Blick in die Höhe
Stolze 9,80 Meter hoch ist die Halle im 1. Obergeschoss. Von allen Seiten scheint Licht durch die großen quadratischen Fenster. Einige schließen mit dem Boden ab. Innen und Außen verschwimmen. In luftiger Höhe bricht sich das Licht in transparenten, Kissen förmigen Gebilden, die etwa drei Meter unterhalb der Decke schweben. An ihnen befestigt sind lange, ebenfalls fast transparente Schnüre, die mit schmalen Metallschienen am Boden gehalten werden. Auf Augenhöhe des Betrachters schweben die Exponate frei im Raum, wie von unsichtbarer Hand gehalten.
Rücken an Rücken, mit Folien verstärkt hängen immer jeweils zwei der Plakate an einem der mit Helium gefüllten Ballons, die aus einem für den Luftschiffbau entwickelten, hoch dichten Material gefertigt sind. Die Größe jedes Ballons und sein Auftrieb sind an das Gewicht der einzelnen Plakate angepasst, so dass er weder in Richtung Decke ausreißen, noch nach unten absinken kann. "Es dauert etwa drei Wochen, bis aus den Ballons das Helium zu entweichen beginnt.", so erklärte gestern morgen der Präsident der Zollverein School Andrej Kupetz beim Rundgang durch die Ausstellung.
Könnerschaft versus Funktion?
Das ungewöhnliche Ausstellungskonzept stammt, wie auch das für die vergangenen Präsentationen der "100 besten Plakate" von Studenten. In diesem Jahr entwickelte sich die Idee im Rahmen eines interdisziplinären Semester-Projektes an der Kunsthochschule Berlin Weißensee. Die geschäftsführende Vorsitzende der 100 Beste Plakate e.V. Susanne Ellerhold stand den schwebenden Plakaten, die ihre Auftaktpräsentation im Juni im Staatlichen Kunstmuseum zu Berlin hatten, wohl zunächst skeptisch gegenüber: "Ich sage immer, ein Plakat kann nicht fliegen, doch in diesem Raum funktionierts. Hier gefällt mir die Präsentation gut."
Die sparsame Halle tut den Plakaten tatsächlich gut. Sehr stark farbig, mit sich teils in mehreren Schichten überlagernden typografischen, zeichnerischen und fotografischen Elementen könnten sich viele von ihnen eher in der bildenden Kunst als im Grafik Design zu Hause fühlen. Denn bis auf wenige Ausnahmen, setzen die Plakat nicht auf eine signalhafte Fernwirkung. Ihre Botschaft erschließt sich oft erst aus der Nähe, beim zweiten oder auch dritten Blick. Einige Entwürfe scheinen sogar die ursprüngliche Funktion des Plakat selbst zu ignorieren und sich derart auf die Darstellung gestalterischer Fingerfertigkeit zu konzentrieren, dass der zu transportierende Inhalt vollkommen zurücktritt. Die Kunst für die Kunst?
Vor der Jury sind alle gleich
1527 Bewerbungen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich gingen für die "100 besten Plakate 2006" ein. Unter ihnen sind große Werbeagenturen wie z.B. BBDO, ebenso wie professionelle Gestalter und Studenten, für die insbesondere die klaren Auswahlkriterien interessant sein dürften. Denn für alle gilt: Das Plakat muss einen Auftraggeber haben, es muss gedruckt worden sein und es muss – an welchem Ort auch immer – ausgehangen haben. Groß angelegte Kampagnen mit großen Budgets werden hier nicht selten zu Gunsten einer studentischen Kleinstauflage ausjuriert.
Das Gebäude, die Art der Präsentation und natürlich die Exponate selbst machen die Ausstellung "100 beste Plakate 06 – Deutschland, Österreich, Schweiz" absolut sehenswert. Leider bleibt die Zollverein School an den Wochenenden geschlossen. Der Eintritt ist frei.
"100 beste Plakate 06 Deutschland, Österreich, Schweiz"