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Standpunkte, Stimmen und Kommentare
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Zugegeben, Hamburg liegt nicht ganz im Ruhrgebiet. Aber zum Ende der Ferienzeit sei ruhrmentar dieser Ausflug erlaubt, denn er hebt die Stimmung.
Es gibt Meer-Menschen und es gibt Berg-Menschen. Letztere sind hauptsächlich fleißig. Sie gehen Klettern, Wandern, fahren Ski oder Snowbord. Die Meer-Menschen hingegen, sehen wir mal von Regatta-Seglern, Wasserpolo-Enthusiasten und denen ab, die mit dem Meer Ihr täglich Brot verdienen, neigen zum Müßiggang. Denn sie lassen Wind und Wellen ihr spektakuläres Werk tun.
Die Zehen stecken im feuchten, kühlen Sand. Der Blick schweift über endloses Wasser bis zu einem geschnitten scharfen Horizont. Dann zerrt der Wind kalt und wild an den Haaren. Verschwimmt jedoch die Linie zwischen Meer und Himmel in einem diffusen Nebel, weht er meist mild und sanft.
Die Hände graben sich in den Sand. Muscheln, Steine, Quallen, Seesterne, Mövenfedern, Algen, Treibholz. Das Brüllen der heran rollenden Wellen übertönt jedes Wort. Die Faszination des Ozeans ist so überwältigend, dass allein das Schlendern an seinem menschenleeren Ufer die Sicht auf den oft grauenhaft banalen Alltag grundlegend verändert. Einmal kräftig durch geatmet und das verstopfte Gehirn ist frei gepustet. Wer braucht da noch ein Kino oder gar einen Fernseher?
Das Meer ist Sehnsucht und Gefahr
Diesem elementaren, atemberaubenden und universellen Gefühl widmet sich nun bereits zum zweiten Mal die Hamburger Kunsthalle. Vermutlich als verstaubt, teils zu propagandistisch und oft zu romantisierend abgetan, wurde das Seestück von der modernen Kunstgeschichte lange verschmäht und missachtet. 2005 dann zeigte die Kunsthalle in der Ausstellung "Seestücke. Von Casper David Friedrich bis Emil Nolde" das breite Band der maritimen Malerei vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum ersten Weltkrieg. "Das Eismeer" von Casper David Friedrich war und bleibt hier ganz sicher eines der Highlights.
Anknüpfend an diese erfolgreiche Schau geht es am Glockengießerwall seit Juni nun weiter mit den Ozeanen und ihrer künstlerischen Betrachtung. "Seestücke. Von Max Beckmann bis Gerhard Richter" führt bzw. schifft uns bis in die Gegenwart. Den Bogen von der klassischen Moderne über die Pop-Art bis zum aktuellen Video-Still spannen 55 internationale Künstler.
Gib mir eine einsame Stunde am Strand
Paul Klee, Max Beckmann, Lyonel Feininger, Max Ernst: Die Klassiker sind zahlreich vertreten, sogar mit Bildern, die bisher der Öffentlichkeit nicht zugänglich waren. Zwei Protagonisten der amerikanischen Pop-Art kontrastieren – Roy Lichtenstein gleich mit mehreren Werkgruppen zu denen in Europa noch nie gezeigte Filme gehören und natürlich Andy Warhol. Eigens für die Hamburger Ausstellung schuf der Maler und Bildhauer Anselm Kiefer drei neue Arbeiten, zu denen auch die Skulptur "Verunglückte Hoffnung" von 2007 zählt, in der er direkten Bezug auf das oben genannte Bild "Das Eismeer" nimmt. Beeindruckend darüber hinaus ohne Zweifel sind Gerhard Richters monumentalen Seestücke, die den Betrachter fast körperlich in ihr kaltes, tosendes Wasser eintauchen lassen.
Weg mit dem Staub – Das Seestück ist aktuell
Die stolze Zahl von insgesamt 170 Werken gibt einen spannenden Überblick, nicht nur über die verschiedensten künstlerischen Ausdrucksformen zum Thema, sondern auch darüber, wie sich im Laufe eines Jahrhunderts der Blick der Künstler auf die Meere verändert hat.
Für den Fall, dass der geneigte Leser die letzten Ferientage im Norden zu verbringen plant, so sollte er die Ausstellung "Seestücke. Von Max Beckmann bis Gerhard Richter" nicht verpassen. Denn diese Bilder bringen über den Winter, wie frisches Brot und ein starker Kaffee. Ihr Eindruck bleibt ganz sicher erhalten bis zum nächsten zeitvergessenen Schlendern an irgendeinem Strand der Welt.
An einem solchen steht nun auch die Autorin – der Technik sei Dank
– und schaut dem Atlantik bei der Arbeit zu. Ätsch!